Die erste Inklusionsklasse am GV aus dem Schuljahr 2012/13.
Inklusion
Konzept zur Bildung eines Integrativen Lerngruppe am Gymnasium Voerde im Schuljahr 2012/13
Ausgehend von dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13.12.2006 (Behindertenrechtskonvention-VN-BRK) sowie der Aufforderung des NRW-Landtages vom 1.12.2010, eine Umsetzung der UN-Konvention im schulischen Bereich vorzunehmen, wurde seit dem Schuljahr 2012/13 am Gymnasium Voerde eine integrative Lerngruppe eingerichtet. Dadurch soll dem Recht von Menschen mit Behinderungen, in das allgemeine Bildungssystem eingegliedert zu werden, Rechnung getragen werden.
Schritte zur Umsetzung
Im Schuljahr 2011/2012 wurde eine Arbeitsgruppe „Inklusion“ aus Lehrern des Gymnasiums Voerde, den Inklusionsbeauftragten des Kreises Wesel, Sonderschulpädagogen sowie Eltern und Vertretern der SV gegründet, um die Aufnahme von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf am Gymnasium Voerde vorzubereiten und pädagogische und organisatorische Fragestellungen zu diskutieren und zu klären. In dieser Arbeitsgruppe, die von zwei Schulleitungsmitgliedern geleitet wurde, sind wesentliche Grundsätze der Unterrichtsgestaltung sowie der Umsetzung des Inklusionsgedankens am Gymnasium Voerde entstanden. Auch haben sich in der Vorbereitungsphase viele Kollegen im Bereich „Gemeinsames Lernen“ fortgebildet, durch Besuche an anderen Gymnasien, Förderschulen und Grundschulen sowie der Wahrnehmung diverser Fortbildungsangebote, gerade bezogen auf binnendifferenziertes Arbeiten. Ein schulinterner Fortbildungstag zum Thema „Inklusion“ fand zeitnah statt, das Kollegium wurde in Konferenzen im Sinne von Transparenz über die Ergebnisse der Arbeitsgruppe informiert.
Bereits bei den Informationsveranstaltungen für die neue Klasse 5 (GV-Live) stellen wir den Eltern unser Inklusionskonzept vor und stehen für Nachfragen zur Verfügung. Um einen „sanften“ Übergang für die SuS mit Förderbedarf zum Gymnasium Voerde zu gewährleisten, findet vor Beginn der Jahrgangstufe 5 ein „Schnuppernachmittag“ für die Kinder und ihre Eltern statt, an dem diese Schule und das Klassenlehrerteam kennenlernen. Auch wird so die Gelegenheit für einen ersten Austausch gegeben.
Leitideen der Inklusion am Gymnasium Voerde
Besonders wichtig ist für uns am Gymnasium Voerde die Grundhaltung, Vielfalt willkommen zu heißen und als Chance zu sehen, gerade in Hinblick auf unser Schulmotto „Verantwortung L/leben“. Wir sind nämlich der Überzeugung, dass von einem gemeinsamen Unterricht Gymnasiasten und Förderschüler gleichermaßen profitieren, besonders im Bereich des sozialen Lernens und der Persönlichkeitsentwicklung. Gerade beim „Gemeinsamen Lernen“ können Rücksichtnahme, einander helfen und gegenseitiger Respekt ständig eingeübt und praktiziert werden. Auch können Integrationskinder fachlich, gerade im mündlichen Ausdruck, durch den ständigen Kontakt mit Mitschülern ohne Förderbedarf gute Fortschritte machen. Bei der Umsetzung der Inklusion an unserer Schule fühlen wir uns folgenden Leitgedanken verpflichtet: „Eine inklusive Schulkultur wird getragen von dem Vertrauen in die Entwicklungskräfte aller Beteiligten und dem Wunsch, niemanden zu beschämen“ (Braun, Fuchs, Kelb. Auf dem Weg zur Kulturschule. München 2010, S. 99) Insofern stehen alle am Inklusionsprozess Beteiligten grundsätzlich dem Gedanken eines gemeinsamen Lernens positiv gegenüber: Kollegen, die in der Integrationsklasse unterrichten, erklären sich in der Regel freiwillig dazu bereit und tragen unser Grundkonzept mit. Ebenso unterstützen auch alle Eltern der Regelschüler den Grundgedanken von Inklusion und haben sich bewusst für den Besuch einer Integrationsklasse entschieden.
Weiterhin wurden folgende Prinzipien, die die Arbeit in integrativen Lerngruppen am Gymnasium Voerde prägen, entwickelt:
1. Organisatorische Rahmenbedingungen/Klassengröße/Raumkonzept
Die Schülerzahl der Integrationsklassen ist in der Regel geringer als in den Vergleichsklassen der Jahrgangsstufe, sodass den besonderen Bedürfnissen der Kinder Rechnung getragen wird.
Auch stehen in jeder Integrationsklasse zwei – auch optisch sehr ansprechend gestaltete – Klassenräume zur Verfügung, sodass, Differenzierungsmöglichkeiten des Lernens und Arbeitens möglich werden. In dem kleineren Raum stehen Fördermaterialien und Wochenplanübersichten zur Verfügung; auch ist hier die gezielte Betreuung der Förderschüler in Phasen des getrennten Unterrichts möglich.
Anders als in den Parallelklassen bleibt das Klassenlehrerteam in der gesamten Sek I konstant, sodass eine enge persönliche Begleitung der Förderschüler gewährleistet ist. Auch in den anderen Fächern finden möglichst wenig Fachlehrerwechsel statt. Zusätzlich betreut der Schulsozialpädagoge die Klasse verstärkt, indem er z.B. in höheren Jahrgangsstufen Praxiseinheiten (Ausbildung zum Rettungssanitäter) für die lernbehinderten Schülerinnen und Schüler durchführt und als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Auch unterstützen Paten aus der Jgst. 9 die pädagogische Arbeit (v.a. bei der Pausengestaltung). Im Bereich der Elternarbeit der Schüler mit Förderbedarf findet eine enge Kooperation zwischen den Sonderpädagogen, Gymnasiallehrern, Sozialpädagogen sowie weiteren Institutionen, wie z.B. dem Jugendamt, Kinder-und Jugendpsychologen, Ergo- und Sprachtherapeuten statt.
2. „So viel gemeinsam wie möglich, so viel getrennt wie nötig“!
Die Unterrichtsinhalte orientieren sich für die Regelschüler an den Lehrplänen des Gymnasiums, die Förderschüler werden nach den Unterrichtsvorgaben des Ministeriums für allgemeine Schulen sowie nach den Richtlinien für ihren Förderschwerpunkt unterrichtet, wobei soweit wie möglich Lernen an gemeinsamen Themen geplant ist.
Nach dieser Devise finden manche Unterrichtsfächer im Klassenverband statt, wie z.B. Deutsch, Sport, Musik, Kunst, Biologie, Physik und weiteren Nebenfächern. Gerade in den Hauptfächern ist eine phasenweise äußere Differenzierung – besonders bei Ansteigen des Anspruchsniveaus – erforderlich. So trennen wir in den Fächern Englisch und Mathematik von Beginn der Jgst. 5 an die Lerngruppe und führen nur phasenweise gemeinsame Unterrichtsvorhaben durch.
Mit Einsetzen der 2.Fremdsprache, die für Förderschüler nicht vorgesehen ist, findet eine weitere äußere Differenzierung der Lerngruppe statt , sodass in diesen Stunden die im Gymnasiallehrplan nicht vorgesehene Fächer wie Arbeitslehre und Hauswirtschaftslehre für die SuS mit Förderbedarf erteilt werden. Insgesamt wächst innerhalb der SEK I die Bedeutung praxisbezogenen Unterrichtseinheiten für die SuS mit Förderbedarf, sodass z.B. in der Jahrgangsstufe 8 ein praktischer Tag in der Woche vorgesehen ist und die SuS mit Förderbedarf nicht am WP II teilnehmen.
Passend zur zieldifferenten Vorgehensweise erhalten die Förderschüler ein Berichtszeugnis, keine Notenbeurteilung.
Separater Arbeitsraum der Inklusionsklasse
3. Kooperationen
In einer engen Kooperation von Gymnasial- und Sonderschullehrer, die das Klassenlehrerteam bilden, werden alle relevanten pädagogischen Fragen geklärt. In Teambesprechungsstunden sowohl der Klassenlehrer als auch der Fachlehrer werden Schwerpunkte der pädagogischen Arbeit festgelegt. In etwa der Hälfte der Unterrichtsstunden, vorrangig in den Hauptfächern, werden die Integrationsklassen von Sonderschulpädagogen, unterstützt, so dass häufig zwei Lehrer für die Durchführung des Unterrichts verantwortlich sind. Die Sonderschulpädagogen entwickeln Förder- und Wochenpläne für die Integrationsschüler, unterstützen sie im Unterricht durch zusätzliche Erklärungen oder Abwandlung der Aufgabenstellung und erstellen geeignetes Material. Außerdem unterrichten sie die Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf in den nicht für die Gymnasialschüler vorgesehen Fächern wie Hauswirtschafts-/Arbeitslehre. Auch kooperieren wir mit der Förderschule vor Ort, an der die Praxismodule der Jahrgangsstufe 8 stattfinden, den Inklusionsbeauftragten des Kreises und der Stadt, die wichtige Unterstützung in finanzieller Hinsicht (Umbaumaßnahmen) sowie Detailfragen leisten.
Weitere Regelungen:
Insgesamt ist die Gesamtstundenzahl der Förderschüler niedriger als die der Gymnasialkinder (angelehnt an die Vorgaben der Förderschule) Mit steigendem Anstiegsniveau wird stärker zieldifferent unterrichtet, auch in den Nebenfächern
Jahrgangstufe 8: Ein praktischer Tag /Woche, 14 Tage Praktikum im Schuljahr z.B. Gartenbau oder Seniorenheim
Jahrgangsstufe 9: Ein Tagespraktikum/Woche, 3 Wochen Praktikum im Schuljahr (in Kooperation mit Arbeitsamt und Förderschule,) in dieser Jahrgangsstufe kann ggf. mit den Unterrichtsmaterialien für die Hauptschulklasse 9 gearbeitet werden mit dem Ziel, den Hauptschulabschluss der Klasse 9 zu erreichen bzw. den Förderschulabschluss ggf. am Ende der Jahrgangsstufe 10.
Jahrgangsstufe 10: Ein praktischer Tag, Donnerstag, differenziertes Lernangebot entsprechend der 10.Klasse Förderschule, sowie hoher Praxisanteil.
Die Jahrgangsstufe 10 wird für jeden Schüler ein individueller Lehrplan von der Sonderpädagogin erstellt, in den Fächern D, E, M, Bi, Pk, Ge, Ek, Musik. Hinzu kommt ein hoher Praxisanteil, evtl. auch mit Zusatzpraktika. Die Förderschüler nehmen am Unterricht der Fächer Sport, Kunst und Religion im gemeinsamen Lernen mit Gymnasiasten teil.
Übersicht über den Unterricht der Schülerinnen und Schüler mit LE in der/den Inklusionklassen
Koordination: Silke Schepp